Donnerstag, Oktober 19, 2006

"Kindheit kommt heimlich zu Besuch"



In der Buchhandlung habe ich einen Gedichtband von einem Klassiker der Kinderlyrik entdeckt. Im Vorwort steht:

"Schaut man genau,
dann ist viel los -
dann ist das Kleine
schön und gross.

Dort kniet ein Mann
und guckt ins Moos.
Was sieht er da?
Wie heisst er bloss?
Josef Guggenmos"

In diesem Buch sind viele seiner schönsten Gedichte aufgenommen, liebevoll illustriert von Sabine Friederichson.

Die Kinderbücher haben immer einen grossen Platz in meinem Herzen. Hin und wieder lese ich nochmals die Bücher aus meiner Kinder- und Jugendzeit und informiere mich über die Neuerscheinungen.


Geburtstag

"Wenn ich so gegen fünf nach Hause fahre,
Gibts Erdbeereis, Besuch und Radio- Tanz.
Spät abends erst mach ich für mich Bilanz
Und wünsch mich wieder in vergangne Jahre:

Ich möchte wieder in der Tertia sitzen
Und schwänzen, wenn die Günther Englisch gibt.
Ich möchte manchmal in die Haustür ritzen:
"In Werner Birken bin ich toll verliebt!!!"

Ich möcht so gern Theater spielen,
Möcht heulen, wenn Luise Miller stirbt,
Des Nachts vorm Spiegel wie die Baker schielen.
... Obgleich das den Charakter sehr verdirbt.

Möcht wieder mal auf Aeppelkähnen krauchen,
Den Riesenwalfisch Untern Linden sehn,
Und hustend erste Zigaretten rauchen,
In einen Film für " über achtzehn" gehn.

Ich möcht nochmal - zum allerersten Mal -
Ganz still für mich den Pan von Hamsun lesen,
An Menschen glauben, die das Ideal
Der halbverträumten vierzehn Jahr gewesen.

Nun bin ich gross. Mir blüht kein Märchenbuch.
Ich muss schon oft "Sie" zu mir selber sagen.
Nur manchmal noch, in jenen stillen Tagen,
Kommt meine Kindheit heimlich zu Besuch. . .

Mascha Kaléko

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