Dienstag, Juli 25, 2006

Monsieur Linh


Soeben ist ein neues Buch von Philippe Claudel im Kindler Verlag erschienen. Es heisst:

„Monsieur Linh
und die Gabe
der Hoffnung“

Die Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel:

„La petite fille de Monsieur Linh“

Die Geschichte beginnt folgendermassen:

„Am Heck eines Schiffes steht ein alter Mann. In seinen Armen hält er einen leichten Koffer und ein Neugeborenes, das noch leichter ist als der Koffer. Der alte Mann heisst Monsieur Linh. Nur er kennt seinen Namen, denn alle anderen, die ihn kannten, sind gestorben.“

Monsieur Linh reist als Flüchtling mit seiner Enkeltochter Sang-diu, dieser Name bedeutet „süsser Morgen“, nach Frankreich. Bei einem schrecklichen Napalm-Angriff auf sein Dorf hat er alles verloren: seine Familie, seine Freunde, seine Heimat, nur seine kleine Enkeltochter ist ihm geblieben. Die Kleine ist es, die ihn am Leben erhält und ihm Hoffnung verleiht. Für sie will er leben; er will ihr von ihren Eltern erzählen, von ihrem weit entfernten Heimatdorf. Er sorgt gut für sie, wickelt sie, gibt ihr zu essen und singt ihr immer wieder das gleiche Lied vor:

„Jeder Tag hat einen Morgen.
Immer kehrt das Licht zurück,
immer folgt ein neuer Tag.
Einmal wirst du Mutter sein.“

Das Baby dankt es ihm, indem es immer still ist und nie weint.

Sie werden mit andern Flüchtlingsfamilien in einem Uebergangsheim untergebracht. Mit seiner Enkeltochter auf dem Arm, wagt er im fremden Land erste kleine Spaziergänge. Für Monsieur Linh ist alles neu und verwirrend: die Menschen, die Speisen, die Stadt, ihre Gerüche und natürlich die Sprache. Er versteht kein einziges Wort. In einem Park lernt er einen Franzosen kennen. Dieser stellt sich ihm mit seinem Namen vor: „Monsieur Bark“. Monsieur Linh streckt ihm die Hand entgegen und wünscht ihm „Tao-Lai“. Das heisst in seiner Sprache: „Guten Tag“. Von da an spricht ihn Monsieur Bark immer mit: „Tao-Lai“. an. Die zwei einsamen, traurigen, freundlichen Männer finden Gefallen aneinander und werden Freunde. Obwohl keiner die Sprache des anderen spricht verstehen sie sich ausgezeichnet. Monsieur Bark hat das Bedürfnis unentwegt zu reden. Er erzählt seinem neuen Freund sein ganzes Leben. Monsieur Linh fühlt, dass es für seinen Freund von grösster Bedeutung ist, dass er ihm zuhört. Die zwei verstehen sich ohne Worte, nur mit Gesten und Mimik.

Ueberraschend wird eines Tages Monsieur Linh in ein Altersheim gebracht, wo er seinen neuen Freund aus den Augen verliert. Er reisst aus und macht sich auf die Suche nach Monsieur Bark. Ganz am Schluss wird das tragische Geheimnis von Monsieur Linh gelüftet.

Mir hat dieses Buch ausgezeichnet gefallen. Es ist ein wunderschönes grossartiges Werk. Es hat mich sehr berührt und nachdenklich gemacht. Es verleiht Hoffnung, zeigt, dass es Menschen möglich ist, das Fremde anzunehmen und zu lieben. Viele der grossen Themen, die die Menschen beschäftigen, werden in diesem kleinen Büchlein angesprochen:

Liebe, Freundschaft, Schuld, Krieg, Tod, Exil, Frieden, Fürsorge, Zärtlichkeit, Trauer, Schmerzen, Einsamkeit, Erinnerung, Stärke, Alter, Illusion…..

Und natürlich: Hoffnung

Die Geschichte ist eindringlich und einfühlsam geschrieben und hallt lange nach. Es ist ein Appell gegen den Krieg und für die Freundschaft. Philippe Claudel ist es gelungen, dass ich alle seine Figuren ins Herz geschlossen habe.

Gewidmet hat Philippe Claudel sein Buch

„Allen Monsieur Linhs auf der ganzen Welt
Und ihren Enkeltöchtern“

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Mameli
Vielen Dank für diese wunderbare Buchbesprechung. Da kriegt man ja gleich Lust loszulesen (und das soll ja bei einer "Leseratte" wie mir wirklich etwas heissen hihi :-)
Wünsche einen gemütlichen Abend in den Bergen!
muaac**

Gabrielas Tagebuch hat gesagt…

hola chica,
das freut mich!ich habe dir selbstverständlich ein exemplar auf die seite gelegt:-)
alles liebe!